Der Alpenüberquerer: Mit Rikscha, Heißluftballon oder Tretroller

Die Firma Jochen Schweizer zieht verrückte Typen, Abenteurer und Weltenbummler magisch an. In diese Rubrik fällt auch unser Kollege Ecki Achterberg, der schon 1997 als erster Azubi zu Jochen Schweizer kam. Sein Hobby: die Alpen auf möglichst viele unterschiedliche Arten zu überqueren.

Alpenüberquerer – wie kommt man auf so einen Einfall?

Als Schnapsidee und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Gemeinsam mit meinem Schwager entstand der Plan, dem herzerweichenden Klagelied unserer 50er-Vespas nachzugeben und die kurvigen Italienerinnen noch einmal Heimatluft schnuppern zu lassen. Wer hätte damals geahnt, dass diese Justfor-fun-Yeeeaah-Tour der Auftakt des größten Projekts meines Lebens werden könnte.

Und wie ist es dann zum Projekt geworden?

Als stolzer Familienvater war mein Abenteurer- und Entdeckergeist leider für längere Zeit ziemlich auf der Strecke geblieben. Ich musste einfach mal wieder ausbüchsen und meinem Freiheitsdrang folgen. Natürlich sollte das nicht auf Kosten der Familie gehen und so war der zeitliche Rahmen für meine zweite Alpenüberquerung eng gesteckt. Für die Tour mit dem Rad blieben mir nur knappe 1 ½ Tage von Freitagnachmittag 14.00 Uhr bis Samstagabend. Der Sonntag war schließlich für die Rückfahrt im Zug reserviert. Die 375 Kilometer auf dem Rad waren im Rückblick die härteste Alpenüberquerung, die ich bis heute erlebt habe

Auch mit dem Tretroller hat Ecki schon die Alpen überquert.

Um nur einige Highlights der Tor-Tour zu nennen: im selbst gebastelten Müllbeutel-Poncho durch den strömenden Regen kämpfen, nächtigen unterm Tankstellendach am Brenner, um 5.30 Uhr vom Horn des Tanklasters geweckt werden, im dicken Schneefall Richtung Bozen strampeln, den immer stärker werdenden inneren Schweinehund niederringe und völlig ausgebrannt in Torbole am Gardasee landen.

Doch genauso hart und kräftezehrend musste es sein! Diese absolute Grenzerfahrung wurde für mich zur Initialzündung. Und die Herausforderung, die Alpen auf jede erdenkliche Art zu überqueren, war geboren.

Außer Durchhaltevermögen, was braucht man sonst noch?

Eine Portion Mut ist schon nicht schlecht. Die brauchte ich zum Beispiel beim Flug mit dem Motordrachen. Sich mit meiner Höhenangst einem windigen Gestell mit 3 Rädern, Tragfläche und Motor auszuliefern, war schon eine heftige Nummer! Aber genau das macht für mich den Reiz des Alpenüberquerungs-Projektes aus. Ich erlebe Dinge, an die ich so im Traum nicht gedacht hätte, treffe Leute, denen ich nicht begegnet wäre, komme an Orte, die ich nie entdeckt hätte und wachse dabei über mich selbst hinaus. So war das auch mit dem Motordrachen. Für meinen Mut wurde ich mit einer der reizvollsten und spannendsten Abenteuer meines Lebens belohnt.

Das klingt ganz schön aufregend…

Oh ja, war es auch. Ich hatte mich mit dem Piloten an einem Bauernhof in Sauerlach verabredet. Nach einer knappen Begrüßung schob er das Fluggerät aus der Scheune, checkte die provisorisch aufgehängte Windhose und warf den Motor an. Als Startbahn reichte ein holpriger Feldweg und nach wenigen Metern schwang sich der Motordrachen auch schon in die Luft. Für mich war es eine ganz neue Erfahrung, mit einem mir bis dato völlig unbekannten Menschen solch eine Nähe zu teilen. Doch je weiter wir aufstiegen, desto dankbarer war ich für den direkten Windschatten. Denn trotz 8 Lagen Klamotten fraßen sich die bis zu minus 20° Außentemperatur ganz schön in die Knochen.

Wir flogen vorbei am Wendelstein, Großglockner und den Lienzer Dolomiten, doch der schönste Teil des Fluges erwartete mich in der Provinz Belluno. In Deutschland muss man immer eine Mindestflughöhe einhalten. In Italien gibt es hingegen Stellen, an denen man eine gewisse Flughöhe nicht überschreiten darf. Und so jagten wir in rund 10 Metern Höhe durch das ausgewaschene Flussbett des Tagliamento vorbei an smaragdgrünen Stromschnellen, riesigen Findlingen, über Brücken und Sandbänke. Ich fühlte mich, als würde ich auf Fuchur, dem Drachen aus Michael Endes „Unendlicher Geschichte”, reiten. Nur 9 Stunden später waren wir zurück in Sauerlach. Mein Pilot schob den Flieger zurück in den Schuppen und einzig meine Erinnerungen bezeugten dieses abgehobene Abenteuer.

Aber so reibungslos läuft das doch sicher nicht immer ab?

Das kann man wohl sagen. Zum Beispiel auf der Tour mit der Ape. Neben den Zündschlüsseln stattete mich mein Bekannter gleich noch mit einer großen Kiste Ersatzteilen aus. Als ob ich, als doppelter Linkshänder damit etwas anfangen könnte. Er sollte mit seiner Vorahnung Recht behalten. Kurz hinter Bozen, mitten in einem 3 Kilometer langen Tunnel, ereilte die Ape ein kapitaler Motorschaden. Ich stand am Randstreifen und atmete die mit Abgasen und Straßenstaub geschwängerte Luft ein. Schließlich wurde ich zur nächsten Werkstatt abgeschleppt. Dort hatte man sich jedoch darauf spezialisiert, havarierte Fahrzeug möglichst lange auf dem Hof stehen zu haben, um später für jeden Tag eine Standgebühr in Höhe von 40 € abzukassieren.

Kaum zu glauben: Mit dieser hellblauen Ape wurden die Alpen überquert.

Zu meinem Glück lief mir die Zeit davon, sodass ich mich gar nicht lange vertrösten ließ und direkt nach einer Alternative suchte. Roberto, ein italienischer Schrauber vom Schlage eines Meister Eders, war schließlich meine Rettung. Er befreite mich aus den Fängen der Werkstatt-Mafiosi, organisierte den Transport der Ape in seine Werkstatt und schuftete bis 21.00 Uhr, um mich wieder mobil zu machen.

Was steht denn nun als Nächstes an?

Natürlich reizt es mich, die 25 Überquerungen vollzumachen. Damit will ich mich dann auch beim Guinness-Buch bewerben. Noch mehr freut mich aber, dass schon für ausreichend Alpenüberquerer-Nachwuchs gesorgt ist. Gemeinsam mit 36 Schülern der Rudolf-Steiner-Schule Gröbenzell bei München überquere ich derzeit die Alpen zu Fuß in 12 Etappen. Verteilt über 6 Schuljahre, meistern die Schüler dabei 596 Kilometer und 12.000 Höhenmeter in 40 Tagen. Es ist sagenhaft, wie die ersten 11 Etappen die Gruppe verändert haben. Aus dem üblichen Jungs-gegen-Mädchen ist ein eingeschweißtes Team geworden. Alle respektieren sich, helfen sich gegenseitig und stehen füreinander ein.

Und woher bekommst du neue Ideen?

Da bin ich natürlich auch auf Hilfe und Inspiration angewiesen. Gerade suche ich tatkräftige Unterstützer, die einen Traktor, ein Liegerad oder ein Motorrad mit Beiwagen haben. Außerdem kann sich jeder, der eine verrückte Idee oder ein abgefahrenes Fortbewegungsmittel hat, gern über alpenueberquerer@gmx.net bei mir melden.

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