Eine schmale Slackline, mehrere hundert Meter über dem Erdboden gespannt. Darunter – endlose Leere. Du setzt einen Fuß auf das Seil. Danach den zweiten. Dann gehst du los, ungesichert und der eisigen Kälte ausgeliefert. Ein falscher Schritt und du fällst. Würdest du’s tun? Wahrscheinlich nicht. Ohne die nötige Erfahrung ist das mit Sicherheit auch die beste Entscheidung. Trotzdem gibt es Extremspotler, die sich auf diesen Nervenkitzel spezialisieren und in hunderten Metern Höhe ohne Sicherung über den Wolken balancieren. Das Ganze nennt sich Highlining – die mit Abstand spektakulärste Variante des Slacklinings. Eine Extremsportart, die sowohl mental als auch körperlich höchste Präzision und Konzentration verlangt. Diese Herausforderung auf einer nur wenige Zentimeter breiten Line in luftiger Höhe lockt Abenteuerlustige und Adrenalinjunkies auf der ganzen Welt an. Aber was genau ist Highlining, wie unterscheidet es sich vom herkömmlichen Slacklining, und wer sind die bekanntesten Pioniere und Rekordhalter dieser furchtlosen Disziplin?
Was ist Highlining?
Highlining ist eine Form des Slacklinings, bei der die Sportler über eine Slackline balancieren, die oft mehrere hundert Meter über dem Boden zwischen Klippen, Gebäuden oder anderen extremen Orten gespannt ist. Anders als beim klassischen Slacklining bewegen sich Highliner auf atemberaubender Höhe und oft in abgelegenen Landschaften. Und genau diese Herausforderung der extremen Höhe macht den Sport so einzigartig. Die Sportler müssen nicht nur die Balance halten, sondern auch mit der mentalen Belastung und den äußeren Bedingungen wie Wind und Wetter umgehen können.
Die Bänder, die beim Highlining verwendet werden, sind meist länger und straffer gespannt als bei herkömmlichen Slacklines. Durch die große Höhe und Länge wirkt sich jede Bewegung und jeder Windstoß natürlich intensiver aus, was den Schwierigkeitsgrad enorm erhöht. Highliner sichern sich zusätzlich mit einem Gurt, der an einem parallel gespannten Kletterseil befestigt ist, um die eigentliche Line nicht zusätzlich zu belasten. Extremsport wäre nicht Extremsport, wenn es das Highlining nicht auch ohne jegliche Sicherung gäbe. Das nennt sich dann Free Solo, wird aber eher selten praktiziert. In einer solchen Höhe hätte ein Sturz ohne Sicherung fatale Folgen.
Der Unterschied zwischen Slacklining und Highlining
Während das klassische Slacklining als entspannte Freizeitaktivität auf niedrigen Höhen und kürzeren Bändern begann, entwickelte sich Highlining in den letzten Jahren zu einer internationalen Extremsportdisziplin mit hohen Anforderungen an körperliche und mentale Stärke. Der Hauptunterschied liegt natürlich in der Umgebung: Slacklining wird auf Bodenhöhe ausgeführt, oft in Parks, zwischen Bäumen oder Pfosten. Hier steht im Vordergrund nicht einfach über das Seil zu balancieren, sondern auch Tricks wie Sprünge auszuführen.
Beim Highlining dagegen steht die Höhe im Fokus – die Sportler bewegen sich oft in mehreren hundert oder sogar tausend Metern über dem Boden. Tricks und waghalsige Sprünge treten in den Hintergrund. Hier zählt vor allem die Balance und der Kampf gegen die psychischen Barrieren. Highliner müssen nicht nur mit der Höhe klarkommen, sondern auch eine konstante Balance auf der sich bewegenden Line halten und sich auf wechselnde Wetterbedingungen einstellen. Highlining kombiniert also die Technik des Slacklinings mit einem zusätzlichen Faktor: dem Risiko und der Gefahr, die mit extremer Höhe einhergehen.
Bekannte Highliner und ihre Rekorde
Ein herausragender Highliner ist Alexander Schulz aus Deutschland. Schulz gehört zu den Pionieren des Extremsportes und hat ihn maßgeblich mitgeprägt. Er stellte unter anderem einen Weltrekord im Waterline-Highlining auf – bei dieser Variante balancieren die Sportler über Wasser, was die Herausforderung durch Reflexionen und das wackelige Umfeld erhöht.
Die kanadische Athletin Mia Noblet hat sich in der Szene auch einen Namen gemacht. Sie ist eine der wenigen Frauen, die sowohl im Highlining als auch im Urban Highlining beeindruckende Rekorde hält. Hierbei wird die Line zwischen zwei hohen Gebäuden inmitten einer Stadt gespannt und überquert.
In den letzten Jahren hat sich Highlining immer mehr zu einer internationalen Sportart entwickelt, die viele Rekorde hervorgebracht hat. Als einer der bedeutendsten Erfolge und zu brechenden Rekorde gilt die längste Highline-Dinstanz. Besonders geprägt und mehrmals gebrochen wurde der von Nathan Paulin aus Frankreich. Er überquerte 2017 eine Strecke von 1.662 Metern zwischen zwei Klippen im französischen Ort La Réunion. Eine Distanz, die lange danach kein weiteres Mal bezwungen wurde. Bis 2021 die Deutschen Friedi Kühne und Lukas Irmler zusammen mit Quirin Herterisch und Ruben Langer den Versuch wagten über eine 2100 Meter lange Highline zu gehen – und den Rekord brachen.
Friedi Kühne und Lukas Irmler gelten als zwei der besten Highliner der Welt. Erst im November stellten sie das wieder unter Beweis, als sie im Alpenvorland in 2500 Metern Höhe eine Highline überquerten, die zwischen zwei Heißluftballons gespannt war. Ein neuer Rekord! Die höchste Highline, die jemals gespannt wurde. Hier gibt es alle Details zu dem Weltrekordversuch.
Die Herausforderung und der mentale Kampf
Highlining ist nicht nur ein physischer, sondern auch ein enormer mentaler Kampf. Die Konfrontation mit Höhenangst und der Gedanke an die mögliche Gefahr zu fallen machen es zu einer Extremsportart, die mental äußerst belastend ist. Viele Sportler berichten, dass sie vor allem lernen mussten, ihre innere Ruhe und Konzentration auf dem Band zu finden, um erfolgreich zu sein. Die mentale Vorbereitung ist dabei mindestens genauso wichtig wie die physische. Meditation und Atemtechniken helfen Highlinern, ihre Gedanken zu fokussieren und ruhig zu bleiben, auch wenn sie hunderte Meter über dem Abgrund balancieren.
Die Verbindung aus Körperbeherrschung, Konzentration und Risikobereitschaft ist es, die Highlining so einzigartig macht und Menschen aus aller Welt fasziniert. Während Highliner schwebend über Abgründe balancieren, wird die Welt um sie herum still – die Symbiose aus Mut, Technik und mentaler Stärke ist einfach beeindruckend.
Die Zukunft des Highlinings
Das Wachstum und die Beliebtheit des Highlinings zeigen, dass diese Extremsportart noch lange nicht an ihre Grenzen gestoßen ist. Neue Technologien, leichtere Materialien und eine zunehmende Professionalisierung ermöglichen es den Sportlern, immer längere und extremere Highlines zu bewältigen. Auch die Highline-Wettkämpfe nehmen zu: An berühmten Orten wie dem Yosemite-Nationalpark in den USA oder in den Alpen finden regelmäßig Events statt, bei denen sich die besten Highliner der Welt messen.
Die Highliner von heute sind Abenteurer, die mit einer Mischung aus Innovation und Traditionsbewusstsein die Grenzen des Machbaren ausloten. Highlining bleibt ein Sport für die Furchtlosen und Leidenschaftlichen – eine waghalsige Disziplin, die den Himmel und die Erde zu verbinden scheint und den Horizont der menschlichen Möglichkeiten neu definiert.